Etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass bei REHAU die erste Covid-19-Infektion gemeldet wurde. Ein Kollege hatte sich im Urlaub angesteckt. Ein Gespräch mit REHAU COO Dr. Uwe H. Böhlke, der auf ein Jahr zurückblickt, in dem sich vieles geändert hat.
Ein Jahr Corona … und ich bin stolz auf unsere REHAU Teams!
Uwe, Du bist bei REHAU sozusagen der oberste Corona-Beauftragte. Wie war das damals, als die erste Infektion gemeldet wurde?
Mein erster Gedanke? Den wollt Ihr hier nicht zitieren. Doch natürlich war uns allen klar, dass es früher oder später passieren würde. Denn unsere Corona-Zeitrechnung fing ja schon deutlich früher an. Im Group Executive Board hatten wir uns bereits im Januar verständigt, als die ersten Meldungen aus China kamen. Uns war die Brisanz des Themas früh bewusst. Die Viel-Dienstreisenden unter uns hatten die Maßnahmen gegen Schweinepest und Vogelgrippe zur Jahrtausendwende ja schon erlebt. Insofern war es für mich ein echtes, leider unangenehmes Déjà-vu.
So setzten wir Ende Januar 2020 bereits unsere erste Reisewarnung ab, in den Wochen danach stellten wir das Corona-Kernteam zusammen, richteten die Info-Plattform im Intranet ein und vieles mehr. Auf unseren „Day one“ waren wir vorbereitet. Aber trotzdem erstmal betroffen, dass es den ersten von uns nun wirklich „erwischt“ hatte. Und in der Folge sind die Infektionszahlen auch bei uns nach oben gegangen. Vor allem aber: Wir haben leider zwei Mitarbeitende an Corona verloren.
Ihr musstet, soweit es möglich war, die Mitarbeitenden schützen, aber auch sicherstellen, dass die Maschinen weiterlaufen. Was war für Dich besonders bemerkenswert beim Krisenmanagement?
In der Tat ist es uns gelungen, alles am Laufen zu halten. Wir hatten bislang nicht einen Bandabriss wegen REHAU Lieferschwierigkeiten bei unseren Kunden. Seit Beginn der Pandemie ist es uns immer gelungen, dem Virus einen Schritt voraus zu sein, frühzeitig und entschlossen zu handeln. Ein paar Beispiele: Während an vielen Orten erst seit kurzer Zeit Schnelltests organisiert wurden, stellen wir diese bereits seit Ende November unseren Standorten zur Verfügung. Und als vor kurzem in Viechtach (Niederbayern) zeitweise unsere Mitarbeitenden aus Tschechien nicht mehr über die Grenze durften, hatte das lokale Werksteam einen Großteil unserer REHAU-Grenzpendler in bayerischen Ferienwohnungen untergebracht. Ich denke dabei auch an unsere IT, die fast aus dem Stand mobiles Arbeiten im großen Stil ermöglichte. Oder die Organisation von 40.000 Masken und 8.000 Schnelltests innerhalb weniger Tage. Hier und an vielen anderen Stellen haben wir in dieser Pandemie gezeigt, dass wir nicht lange warten, nicht Dinge zerreden, sondern einfach machen und die richtigen Wege finden. Ich bin wirklich stolz auf unsere Teams.
Wie koordiniert Ihr den Umgang mit der Pandemie?
Das wichtigste ist Kommunikation. Das fängt bei uns in der Geschäftsleitung an. Wir setzen uns bis heute jeden Freitagmorgen um halb acht im ganzen Kreis zusammen, natürlich virtuell. Vertreten lassen geht nicht. Corona ist Chefsache, die zentralen Entscheidungen kann man nicht delegieren. Es geht weiter bei dem Corona-Krisenteam, das wir sehr früh gebildet haben. Hier sind wie in einer guten Sportmannschaft alle wichtigen Disziplinen an Bord. Und dann ist der permanente Austausch mit unseren Standorten ganz wichtig, besonders den Werken, in denen die Produktion vor Ort ja weiterlaufen muss. Außerdem geben wir uns große Mühe, ganz REHAU permanent zu informieren.
Was nimmst Du aus den bisherigen Erfahrungen mit für die Zukunft?
Bezogen auf den Zeitablauf geht es wie immer im Leben darum, den übernächsten Schritt voraus zu denken, aktiv zu gestalten und sich nicht passiv treiben lassen. Bezogen auf das Ergebnis, dass die gemeinsam gezeigte Leistung uns allen Mut machen sollte. Unsere weltweite, große REHAU-Familie ist ganz offensichtlich in der Lage, Herausforderungen gemeinsam, schnell und pragmatisch anzupacken. Das gilt übrigens auch für die Gesamt-Gesellschaft, bei aller, teilweise auch berechtigten Kritik am Krisenmanagement. Wir haben vielfach gelernt, das Beste aus der Situation zu machen. Dennoch fehlt auch mir der direkte Kontakt mit den Menschen – es kann nicht schnell genug wieder losgehen. Aber ich sehe auch, wieviel Zeit man gewinnt durch das Wegfallen von Reisen und was alles möglich ist, wenn man die vielen virtuellen Wege nutzt. Das sollten wir uns erhalten.
Und noch etwas: Diese Krise hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, nicht nur auf unsere körperliche Gesundheit, sondern auch auf die seelische Verfassung zu achten. Hier haben wir als Unternehmen, aber auch jeder von uns im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen eine hohe Verantwortung.
Was bedeutet die Pandemie für Dich persönlich? Hast du bestimmte Routinen oder Hobbies für Dich (wieder-)entdeckt?
Wie so viele bei uns setze ich seit vielen Monaten konsequent auf mobiles Arbeiten. Und ich habe schnell gemerkt, dass ich dringend einen Ausgleich zum permanenten „Bildschirmjob“ brauche. Es fehlen ja sogar die Wege zum Büro, zur nächsten Besprechung oder zur Kantine. Also habe ich mir angewöhnt, morgens früher zu beginnen und dafür mittags zwei Stunden zu laufen. Durch die Bewegung halte ich mich fit und bekomme zugleich den Kopf frei.
Sobald wieder alles möglich ist: Was machst Du als erstes?
Mit Freunden fränkische Bratwürste grillen und dazu ein Fässchen Kölsch.